Letzens war ich im Rahmen meiner Betriebsratstätigkeit auf einem Seminar zum Thema Arbeitsrecht. Das Seminar war in Berlin und Abends nach dem Seminar saß ich an meinem Laptop im Zimmer und durchforstete das Internet nach kuriosen Rechtsurteilen zum Thema Arbeitsunfälle, einfach weil mir langweilig war.
Irgendwann kam mir ein Fall unter, der mich erst erheiterte, aber dann doch zu kurios klang:
Eingeschlafen und vom Stuhl gefallen: Der „Arbeitsunfall“ eines Beamten
Während der Dienstzeit fällt ein eingeschlafener Beamter vom Stuhl und bricht sich dabei die Nase.
Urteil: Arbeitsunfall! Die Begründung des Gerichts überrascht: Die gesetzliche Unfallversicherung muss zahlen, wenn ein Arbeitnehmer durch Überarbeitung einschläft und sich dabei verletzt (Quelle: SPON).
Als Quelle war hier Spiegel Online angegeben. An sich also erstmal eine bekannte, große Seite die seriös klingt. Allerdings gibt SPON nur sehr vage eine Quelle an, nämlich den „Anwalt und Professor für Wirtschafts- und Steuerrecht am Mannheimer Standort der FOM-Hochschule Hans-Jörg Fischer“, der offenbar eine Sammlung kurioser Fälle hat, und aus diesem Fundus stammt die Meldung.
Ich bin aber von Natur aus ein ungläubiger Mensch und wollte gerne ein Urteil oder Ähnliches haben, also grub ich weiter und stieß irgendwann auf die Seite der Rechtsanwaltskanzlei Jürgen Rapp.
Dort wurde von der Geschichte mit dem eingeschlafenem Beamten erzählt und auf das Urteil „Urt. v. 23.09.1998, Az.: S 36 U 294/97“ hingewiesen. Ich hatte also endlich ein Aktenzeichen. Danach gesucht, kam ich beim Sozialgericht Dortmund raus, war aber einigermaßen verwundert, weil der Fall gar Nichts mit einem Beamten zu tun hatte, sondern mit einer Barfrau, die spät in der Nacht die Tagesabrechung gemacht hat und dabei eingeschlafen ist. Nachzulesen hier: SG Dortmund, Urteil vom 23.09.1998 – S 36 U 294/97 – openJur
Ich dachte ich sei falsch abgebogen, konnte bei weiterer Recherche allerdings einen Artikel bei Legal Tribute Online finden. Tenor hier: Ja, es gibt Fälle die belegen, dass Beamte mehr Unfallschutz haben als „Normalsterbliche“, aber den Fall, dass ein Beamter am Tisch einschläft und das als Arbeitsunfall angibt, hat es so nie gegeben!
Die ganze Geschichte hat mich am Ende fast eine halbe Stunde meines Lebens gekostet, zeigt aber mal wieder, dass man nicht einfach alles glauben darf, was man auf vermeintlich seriösen Seiten im Internet so findet.
Im Informatikunterricht in der 8. Klasse hat mein Lehrer uns eingetrichtert, dass Jeder alles Mögliche im Internet behaupten kann. Glaubt niemals nur einer Quelle, sondern verifiziert Informationen bevor Ihr sie weiter verbreitet. Egal ob es ein Blog-Beitrag oder ein Beitrag auf einer Nachrichtenseite ist.